Offene Immobilienfonds Denke jetzt unbedingt über einen Verkauf nach

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Sicherheit in der Anlage und gute Aussichten für die Rendite – das ist das Versprechen von offenen Immobilienfonds. Viele Privatanleger haben diese beiden Argumente in der Vergangenheit überzeugt. Laut dem Ratinghaus Scope haben die Anteile an offenen Immobilienfonds in Deutschland im Juni 2025 einen offiziellen Wert von rund 108 Milliarden Euro – sechs Milliarden Euro weniger als noch ein Jahr zuvor. Offene Immobilienfonds verlieren also an Beliebtheit.
Auch wir betrachten diese Anlageklasse für Privatanleger und -anlegerinnen sehr skeptisch. In diesem Ratgeber erklären wir Dir, warum Dein Geld dort nicht mehr sinnvoll investiert ist und wie Du vorgehst, wenn Du Anteile verkaufen möchtest.
Offene Immobilienfonds stecken das Geld von Anlegerinnen und Anlegern in Immobilien. Ihre Rendite erzielen die Fonds dann vor allem aus den Mieten und der Wertsteigerung der Immobilien.
In einem offenen Immobilienfonds ist eine größere Gruppe von Immobilien, sprich Objekten, zusammengefasst. Du investierst also nicht nur in ein einzelnes Gebäude, sondern in eine Vielzahl, in ein sogenanntes Portfolio von Immobilien. Größere Fonds umfassen manchmal mehr als 100 Objekte. Beliebt sind neben Büros auch Einkaufszentren, Hotels oder Krankenhäuser. Das verteilt das Risiko breiter. Wenn sich eine Immobilie schlechter entwickelt als erhofft, können die übrigen dies hoffentlich ausgleichen.
Der aktuelle Wert der gehaltenen Immobilien und damit auch der Wert der Fondsanteile lässt sich nicht so einfach bestimmen wie bei einem Aktienfonds. Denn anders als bei Aktien gibt es für die einzelnen Immobilien keinen Börsenkurs, der sich sekündlich ändert. Deswegen werden die von den Fonds gehaltenen Immobilien mehrmals im Jahr durch Gutachterinnen und Gutachter neu bewertet.
Die Bezeichnung „offener“ Immobilienfonds macht deutlich, dass jeder in den Fonds investieren kann. Die Fondsanteile werden meist an der Börse gehandelt, außerdem kannst Du schon für unter 100 Euro investieren.
Im Gegensatz dazu gibt es auch geschlossene Immobilienfonds. Zu diesen haben nicht alle Anlegerinnen und Anleger Zugang, außerdem sind meist hohe Investments nötig. Geschlossene Immobilienfonds stecken das Geld zudem häufig in nur ein einzelnes Objekt.
Offene Immobilienfonds sind juristisch betrachtet Sondervermögen (§ 92 KAGB). Die Immobilien werden also treuhänderisch verwaltet und sind getrennt vom eigenen Vermögen der Fondsgesellschaft. Wenn diese zahlungsunfähig werden würde, könnten Anlegerinnen und Anleger trotzdem auf ihre Anteile zugreifen. Bei Aktien, Anleihen und aus ihnen bestehenden Fonds ist das übrigens genauso.
Offene Immobilienfonds galten lange als lukrative und sichere Geldanlange. Vor allem in der Phase mit Nullzinsen haben viele Anlegerinnen und Anleger auf der Suche nach einem sicheren Investment mit etwas mehr Rendite darin investiert.
Wir halten offene Immobilienfonds für keine gute Geldanlage. Gerade in der letzten Zeit sind die Risiken gestiegen und die Renditen gesunken. Das bestätigt auch eine Untersuchung von Scope aus dem Juni 2025. Das Analysehaus senkte für zwölf von 22 untersuchten offenen Immobilienfonds sein Rating. Das bedeutet, dass die Analysten und Analystinnen bei diesen die Wahrscheinlichkeit für Probleme höher sehen als zuvor.
Wir sehen konkret mehrere Kritikpunkte:
Immobilienfonds befinden sich aktuell in einem schwierigen Umfeld: Erst hat Corona die Büros geleert; viele sind auch heute nicht annähernd so voll wie früher. Dann setzte der rasche, kräftige Zinsanstieg dem Immobilienmarkt zu.
Das zeigt sich auch in dem Anteil vermieteter Immobilien in den Fonds. Lag die durchschnittliche Vermietungsquote der Fonds 2019 laut Scope noch bei 96 Prozent, waren es 2024 nur noch 92,4 Prozent.
Diese Quote ist wichtig für die Fonds. Denn leerstehende Gebäude bringen nicht nur keine Mieteinnahmen, sondern sorgen für Kosten – etwa für die Vermarktung oder eine Renovierung.
Eine Einordnung zur Lage bietet auch der Blick an die Börse, wo Anteile an Immobilienfonds gehandelt werden: Die Preise für Anteile liegen schon länger deutlich unter dem offiziellen Rücknahmepreis, der auch als Nettoinventarwert bezeichnet wird, kurz: NAV.
Dieser Rücknahmepreis ist der Preis, den Du bekommst, wenn Du Deinen Anteil an die Fondsgesellschaft zurückgibst. Die Fondsgesellschaft zahlt dann Deinen Anteil am Fonds als Geld aus. Dabei legt sie die aktuelle eigene Bewertung des Fondsvermögens zugrunde.
Du kannst Deine Anteile allerdings nicht immer einfach so zurückgeben. Es gelten Limits und Fristen. Hast Du zum Beispiel nach Mitte 2013 Anteile gekauft, musst Du sie zwei Jahre behalten und kannst sie dann nur mit einem Vorlauf von einem Jahr zurückgeben. Das heißt: Entscheidest Du Dich jetzt für eine Rückgabe, passiert sie erst in zwölf Monaten – zum dann gültigen Rückgabekurs.
Der Börsenpreis bildet sich hingegen durch Angebot und Nachfrage. Denn an der Börse gibst Du den Anteil nicht an die Fondsgesellschaft zurück, sondern verkaufst ihn an einen anderen Anleger. Das aber sofort. Wie viel Geld Du für den Anteil bekommst hängt also davon ab, wie viel andere Anleger bereit sind, Dir dafür zu zahlen.
Schon länger liegt zwischen Börsen- und Rücknahmepreis bei den meisten Fonds eine deutliche Spanne. Das deutet darauf hin, dass die Anlegerinnen und Anleger an der Börse der aktuellen Bewertung durch die Fondsgesellschaften nicht zustimmen oder womöglich in den nächsten Monaten mit fallenden Bewertungen rechnen. Dabei gilt: Je höher der Abschlag, desto höheren Korrekturbedarf sehen die Anlegerinnen und Anleger an der Börse.
Wie hoch die Unterschiede zwischen den beiden Preisen sind, zeigt eine ausführliche Finanztip-Analyse. Dazu haben wir den Rücknahmepreis der Fondsanbieter von 20 offenen Immobilienfonds mit dem Kurs der Fonds an der Stuttgarter Börse verglichen. Die folgende Tabelle zeigt, wie groß die Unterschiede sind:
Fondsname | ISIN | Abschlag zwischen Börsenkurs und Rücknahmepreis | Fondsvolumen in Mrd. Euro |
---|---|---|---|
KGAL immosubstanz | DE000A2H9BS6 | 6,4 % | 0,07 |
Habona Nahversorgungsfonds Deutschland | DE000A2H9B00 | 15,65 % | 0,12 |
Wertgrund WohnSelect D | DE000A1CUAY0 | 9,79 % | 0,34 |
Deka-Immobilien Nordamerika | DE000DK0LLA6 | 26,75 % | 0,49 |
UBS (D) Euroinvest Immobilien | DE0009772616 | 18,15 % | 0,45 |
Leading Cities Invest | DE0006791825 | 22,34 % | 0,53 |
Grundbesitz Fokus Deutschland | DE0009807081 | 5,74 % | 0,66 |
Fokus Wohnen Deutschland | DE000A12BSB8 | 7,83 % | 0,73 |
Swiss Life REF (DE) European Real Estate Living and Working | DE000A2ATC31 | 12,07 % | 0,93 |
Deka-Immobilien Metropolen | DE000DK0TWX8 | 8,89 % | 1,82 |
Grundbesitz global | DE0009807057 | 11,66 % | 2,82 |
UniImmo: Global | DE0009805556 | 15,99 % | 3,01 |
UniImmo: Wohnen ZBI | DE000A2DMVS1 | 15,51 % | 3,53 |
Grundbesitz europa | DE0009807008 | 10,05 % | 6,03 |
Deka-Immobilien Global | DE0007483612 | 6,34 % | 6,94 |
Westinvest Interselect | DE0009801423 | 5,59 % | 10,52 |
UniImmo: Europa | DE0009805515 | 15,29 % | 13,13 |
Hausinvest | DE0009807016 | 5,97 % | 15,95 |
UniImmo: Deutschland | DE0009805507 | 5,42 % | 16,04 |
Deka-Immobilien Europa | DE0009809566 | 4,75 % | 18,3 |
Quelle: Finanztip-Berechnung, Fondsanbieter, Börse Stuttgart (Stand: 16. Juni 2025)
Die Übersicht zeigt, dass der Abschlag der Börsenpreise jeweils im Durchschnitt bei 11,5 Prozent liegt. Gewichtet man die Werte nach dem Fondsvolumen ergibt sich ein durchschnittlicher Abschlag von etwas mehr als acht Prozent.
Die Schere zwischen dem Börsenpreis und den Preisen der Fondsgesellschaft geht seit 2022 auf. Denn da begann die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB), die Kredite in kurzer Zeit stark verteuerte und den Immobilienmarkt in vielen Bereichen zum Stillstand gebracht hat.
Der „UniImmo Wohnen ZBI“ der Fondsgesellschaft Union Investment lieferte im Sommer 2024 ein Beispiel dafür, dass die Anlegerinnen und Anleger an der Börse richtig lagen. So hatte der Börsenpreis des Fonds schon länger ein ganzes Stück unter dem Rücknahmepreis gelegen, den Anlegerinnen und Anleger für ihre Anteile bekommen.
Ende Juni 2024 brach der Rücknahmepreis plötzlich um fast 17 Prozent ein. Der Wert eines Anteils fiel von 50,74 Euro auf 42,26 Euro. Grund dafür war eine neue Bewertung der vom Fonds gehaltenen Immobilien durch Gutachterinnen und Gutachter. Welche rechtlichen Mittel Anleger und Anlegerinnen haben, erklären wir in einem eigenen Kapitel in diesem Ratgeber.
Wirklich gute Renditen versprechen Immobilienfonds aktuell nicht. Nach Berechnungen von Scope haben offene Immobilienfonds im Jahr 2024 im Durchschnitt sogar einen Verlust von -1,3 Prozent gemacht. Für 2025 rechnet Scope mit einer Rendite rund um null Prozent.
Nun finden sich die Fonds aktuell in einem schwierigen Umfeld und sind für die Anlage über einen langen Zeitraum ausgerichtet. Die folgende Tabelle zeigt daher die Rendite der großen fünf Immobilienfonds mit einem Volumen von über zehn Milliarden Euro.
Name | Fondsvermögen (in Mio. €) | Auflage | Rendite letzte 5 Jahre | Rendite letzte 10 Jahre |
---|---|---|---|---|
Deka Immobilien Europa (ISIN: DE0009809566) | 18.329 | 20.2.1997 | 2,6 % p. a. | 2,8 % p. a. |
Hausinvest (ISIN: DE0009807016) | 17.032 | 7.4.1972 | 2,2 % p. a. | 2,2 % p. a. |
Uniimmo Europa (ISIN: DE0009805515) | 14.593 | 1.4.1985 | 1,2 % p. a. | 1,8 % p. a. |
Uniimmo Deutschland (ISIN: DE0009805507) | 16.693 | 1.7.1966 | 2,3 % p. a. | 2,6 % p. a. |
Westinvest Interselect (ISIN: DE0009801423) | 10.320 | 2.10.2000 | 2,4 % p. a. | 2,5 % p. a. |
Die Tabelle zeigt: Im Mittel lagen die Rendite über die vergangenen zehn Jahre bei etwa 2,5 Prozent pro Jahr. Zum Vergleich: Für Zinsanlagen wie Tagesgeld rechnen wir bei Finanztip langfristig mit einem Zins von zwei Prozent pro Jahr. Mit den Immobilienfonds liegst Du also nur etwas höher, hast dafür aber weniger Flexibilität und höhere Risiken.
Eng mit den geringen Renditen verbunden ist ein weiterer Kritikpunkt. Die Fonds haben hohe Kosten. So liegt der Ausgabeaufschlag häufig bei fünf Prozent des Anlagebetrages. Diesen Aufschlag musst Du zahlen, wenn Du Geld in den Fonds investieren willst. Die laufenden Kosten der fünf größten Immobilienfonds in Deutschland betragen im Mittel 1,3 Prozent. Bei zweien liegen sie sogar knapp unter drei Prozent.
Für Immobilienfonds gelten seit 2013 starre Verkaufsfristen. Dadurch kannst Du Deine Anteile nicht jederzeit an die Fondsgesellschaft zurückgeben. Du musst sie mindestens zwei Jahre halten.
Außerdem gibt es eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten. Wenn Du Deine Anteile im Juni 2025 kündigst, bekommst Du deren Wert also erst im Juni 2026 ausgezahlt. Und das zum dann gültigen Rücknahmepreis. Mehr zu diesen Regeln liest Du im nächsten Kapitel.
Offene Immobilienfonds sind nach unserer Einschätzung also kein gutes Investment. Setz stattdessen besser auf Festgeld oder langfristig auf einen Aktien-ETF. Hast Du noch in einen Immobilienfonds investiert, solltest Du darüber nachdenken, Dich von diesen Anteilen zu trennen und Dein Investment umzuschichten.
Hast Du einen offenen Immobilienfonds im Depot, solltest Du aufgrund der aktuellen Lage über einen Verkauf nachdenken. Denn es gibt bessere Alternativen.
Das Verkaufen ist allerdings nicht so einfach wie bei Aktien- oder Rentenfonds. Bei offenen Immobilienfonds kannst Du Deine Anteile zwar grundsätzlich zu einem selbst gewählten Zeitpunkt wieder an die Fondsgesellschaft zurückgeben. Dabei bist Du aber zum Teil an starre Regeln gebunden (§ 255 KAGB). Entscheidend ist hier, wann Du in den Fonds investiert hast.
Einfach hast Du es, wenn Du Anteile an einem solchen Fonds bis zum 21. Juli 2013 erworben hast. Denn dann kannst Du jederzeit bis zu 30.000 Euro pro Halbjahr aus dem Fonds holen. Es gilt dabei keine Kündigungsfrist und es gilt der aktuelle Rücknahmepreis des Fonds (§ 346 KAGB). Hast Du solche Altanteile im Depot, solltest Du diese Möglichkeit nutzen.
Dazu ein Beispiel: Antonia hat ihren offenen Immobilienfonds vor dem Stichtag 21. Juli 2013 gekauft, also bevor der Gesetzgeber die Regeln zu Haltedauer und Kündigungsfrist verschärft hat. Der offizielle Wert ihrer Anteile beträgt 29.800 Euro und liegt damit unter dem Freibetrag von 30.000 Euro pro Halbjahr. Sie könnte den offiziellen Rücknahmewert ohne Kündigungsfrist von der Fondsgesellschaft bekommen.
Wichtig: Die einfache Verkaufsregel gilt nur für die Anteile, die Du bis zum 21. Juli 2013 erworben hast. Hast Du danach nochmal in den Fonds investiert, gelten für die Anteile die Du dann erworben hast, die strengeren Regeln.
Hast Du erst nach dem 21. Juli 2013 in den Fonds investiert, gelten für Dich strikte Verkaufsregeln. Diese wurden als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 eingeführt. Seitdem gilt: Anlegerinnen und Anleger müssen ihre Anteile eines offenen Immobilienfonds nach dem Kauf mindestens 24 Monate lang behalten, bevor sie sie wieder an die Fondsgesellschaft verkaufen.
Anleger müssen außerdem mit einer Frist von zwölf Monaten diesen Verkauf ankündigen. Diese Kündigung ist verbindlich, es ist nicht mehr möglich, sich anders zu entscheiden. Das Problem: Der Verkaufspreis ergibt sich dann aus der offiziellen Fondsbewertung am Verkaufstag.
Wenn Du den Immobilienfonds also heute kündigst, weißt Du nicht, wie viel Geld Du in einem Jahr genau für Deine Anteile bekommst. Eine Rückgabe über die Fondsgesellschaft solltest Du Dir daher genau überlegen.
Die Alternative dazu ist ein Verkauf der Anteile über die Börse. Hier spielen diese Fristen keine Rolle. Der an der Börse erzielbare Preis kann aber deutlich von der Bewertung der Fondsgesellschaft abweichen. Ein Abschlag von zehn Prozent und mehr ist keine Seltenheit. Weiter unten erklären wir Dir, woher dieser Unterschied kommt.
In der Finanzkrise 2008 verloren viele offene Immobilienfonds stark an Wert. Anlegerinnen und Anleger gaben in großer Zahl Anteile zurück. Das zwang die Fondsgesellschaften zu ungeplanten Immobilienverkäufen, um genug Geld für die Rückzahlung zu bekommen. Solche Notverkäufe geschahen unter Zeitdruck und brachten in der Regel geringere Erlöse ein als vor der Krise kalkuliert.
Immobilien lassen sich eben nicht so leicht verkaufen wie Aktienanteile, ETFs oder Staatsanleihen. Für einige Fonds musste sogar die Rücknahme ausgesetzt werden. Das heißt, die Kundinnen und Kunden konnten ihre Anteile nicht zum offiziellen Wert an die Fondsgesellschaft zurückverkaufen. Mehrere Fonds wurden abgewickelt und die Anlegenden mussten teilweise jahrelang auf Rückzahlungen warten.
Als Besitzerin oder Besitzer von Anteilen eines Immobilienfonds, die Du nach dem 21. Juli 2013 erworben hast, musst Du Dich also entscheiden: Verkauf über die Börse oder Rückgabe an die Fondsgesellschaft mit einjähriger Kündigungsfrist?
Um Dir diese Entscheidung zu veranschaulichen, hier ein konkretes Beispiel.
Charlotte hat 100 Anteile eines Immobilienfonds. Die Anteile hat sie 2015, also nach dem Stichtag, gekauft. Die Mindesthaltedauer von 24 Monaten ist bei ihr somit vorüber und spielt bei den Verkaufsüberlegungen keine Rolle mehr. Der Rücknahmepreis heute beträgt 100 Euro. Ihr Bestand hat also einen theoretischen Wert von 10.000 Euro.
Sie könnte die Anteile an die Fondsgesellschaft zurückgeben, indem sie jetzt kündigt. Entscheidend für die Rückgabe an die Fondsgesellschaft ist aber der Rücknahmepreis in einem Jahr, nach Ablauf der Kündigungsfrist. Den Preis kennt sie heute natürlich nicht.
An der Börse könnte sie aktuell 90 Euro pro Anteil bekommen und müsste bei ihrem Broker insgesamt 30 Euro Ordergebühr dafür zahlen. Sie würde also 8.970 Euro bekommen. Diesen Betrag könnte sie theoretisch für ein Jahr als Festgeld anlegen. Dafür gibt es im Juni 2025 bis zu 2,7 Prozent Zinsen. Nach einem Jahr hätte sie also 9.212 Euro.
Hinweis: In diesem Beispielszenario haben wir Steuern außer Acht gelassen. Je nach verfügbarem Sparerpauschbetrag sind sowohl auf den Fondsgewinn wie auf die Festgeldzinsen Steuern zu zahlen.
Die große Frage für Charlotte ist also: Wird der Rücknahmewert der Fondsgesellschaft in einem Jahr über oder unter 9.212 Euro liegen, also dem alternativ erzielbaren Ertrag?
Hierzu lassen sich leider nur Vermutungen anstellen. Wir raten Dir in der aktuellen Lage dazu, die Anteile über die Börse zu verkaufen. Der Vorteil: Du kennst den genauen Preis und weißt, was Du erzielt hast. Außerdem erhältst Du Dein Geld sofort und kannst es direkt in eine sinnvollere Alternative investieren.
Uns ist klar: Je nachdem wie sich Dein Immobilienfonds in der Vergangenheit entwickelt hat, kann es sein, dass Du mit dem Verkauf über die Börse einen Verlust erzielst. Schließlich liegt der Börsenkurs ein Stück unter dem aktuellen Rücknahmepreis. Mach Dir aber auch klar: Falls es während des kommenden Jahres zu einer Abwertung des Rücknahmepreises kommt, kann Dein Verlust aber dann noch höher sein.
Eine Garantie, dass Du mit dem Verkauf über die Börse besser fährst, gibt es natürlich nicht. So kann es auch sein, dass der Fonds die aktuelle Lage am Immobilienmarkt gut übersteht und der Rücknahmepreis in einem Jahr sogar etwas höher ist als heute.
Letztlich ist die Kündigung der Fondsanteile eine Wette darauf, wie sich der Preis des Fonds im kommenden Jahr entwickelt. Eine sichere Einschätzung dafür gibt es nicht. Überleg Dir genau, ob Du diese Wette eingehen willst. Wir können Dir in der aktuellen Lage davon nur abraten.
Du verkaufst Anteile an offenen Immobilienfonds über die Börse genauso wie bei Aktien oder ETFs. Wichtig ist zunächst, auf den richtigen Kurs zu achten: Der Rückkaufpreis wird hier Geldkurs oder Bid genannt. Er liegt aktuell ein ganzes Stück unter dem Rücknahmepreis der Fondsgesellschaft.
Bedenke zudem die Verkaufsgebühren, die Dein Depotanbieter Dir in Rechnung stellt. Wie auch bei Aktien und ETFs solltest Du auf eine möglichst hohe Liquidität achten. Das bedeutet, dass Du einen Börsenplatz und eine Uhrzeit wählst, zu der möglichst viele Kaufinteressierte da sind.
Tendenziell ist das zu den klassischen Börsenöffnungszeiten (Montag bis Freitag, 9:00 Uhr bis 17:30 Uhr) der Fall sowie an den stark frequentierten Börsen Xetra, Tradegate oder Stuttgart. Informationen über die Handelshäufigkeit der letzten Stunden, Tage und Wochen findest Du im Online-Brokerage Deiner Bank.
Achtung: Je nachdem, bei welchem Anbieter Dein Depot mit dem Immobilienfonds liegt, kannst Du diesen gar nicht direkt an einer Börse verkaufen. Die großen Fondsgesellschaften wie Deka oder Union Investment haben spezielle Depots, in denen nur die Rückgabe an die Fondsgesellschaft möglich ist. Du hast aber die Möglichkeit, ein weiteres Depot bei einem anderen Anbieter zu eröffnen und Deinen Fonds dorthin zu übertragen.
Einen günstigen Anbieter findest Du mit unserem Depot-Vergleich. Der Übertrag ist innerhalb Deutschlands gebührenfrei und kann eine bis drei Wochen Zeit benötigen.
Bist Du in den Immobilienfonds UniImmo Wohnen ZBI investiert, hast Du Dich beim Blick in Dein Depot Ende Juni 2024 vermutlich sehr erschreckt. Denn da brach der Rücknahmepreis des Fonds plötzlich um fast 17 Prozent ein. Der Wert eines Anteils fiel von 50,74 Euro auf 42,26 Euro.
Hintergrund dieser Abwertung war eine neue Bewertung aller im Fonds enthaltenen Immobilien. Und deren Wert schätzten die Gutachter und Gutachterinnen ein Stück geringer ein als zuvor.
Hast Du Anteile am UniImmo Wohnen ZBI im Depot, fragst Du Dich vielleicht, ob Du rechtliche Möglichkeiten hast, Dein verlorenes Geld zurückzubekommen. Dazu sollte Dir erstmal klar sein: Aus der Abwertung des Fonds allein ergibt sich noch kein rechtlicher Anspruch. Denn solche Abwertungen gehören zum normalen Risiko von Fonds.
Ein Anspruch könnte allerdings entstehen, wenn Du vor der Anlage nicht korrekt über dieses Risiko aufgeklärt wurdest. Dazu gäbe es zwei Ansätze, die aktuell von mehreren Anwaltskanzleien verfolgt werden.
Zum einen könntest Du gegen die Fondsgesellschaft vorgehen, wenn sie Dich in den Verkaufsunterlagen nicht richtig über das Risiko informiert hat. Zum anderen könntest Du Dich gegen Deine Bank wenden, wenn sie Dich beim Verkauf nicht richtig über das Risiko aufgeklärt hat.
Wie hoch die Chancen sind, dass Du damit Erfolg hast, lässt sich nur schwer sagen. Denn die Chancen hängen stark von Deiner individuellen Situation ab: Wie wurdest Du genau beraten? Wie viel Geld Deines Vermögens hast Du investiert? Zu welchem Zeitpunkt hast Du investiert?
Möchtest Du rechtliche Mittel ergreifen, empfiehlt es sich, eine Ersteinschätzung eines Fachanwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht einzuholen. Erstgespräche dürfen nicht mehr als 226,10 Euro kosten. Einige Anwälte bieten eine kostenlose Ersteinschätzung an.
Im Folgenden stellen wir die beiden Ansätze genauer vor und erläutern, welche Klagen oder Urteile es dazu bereits gibt.
Dieser Ansatz bezieht sich auf die Angabe der Risikoklasse in den Verkaufsunterlagen. Alle Fondsanbieter müssen ihren Fonds in eine Klasse von Eins bis Sieben einordnen. Eins steht dabei für sehr sicher und Sieben für Spekulativ.
Die Fondsgesellschaft hat den UniImmo Wohnen ZBI – so wie viele andere Immobilienfonds – vor der Abwertung in der Stufe Zwei von Sieben eingeordnet. Strittig ist nun, ob er nicht eigentlich höher hätte eingestuft werden müssen.
Ein erstes Indiz dafür, dass die Einordnung nicht korrekt war, liefert ein Urteil des Landgericht Nürnberg-Fürth vom Februar 2025 (Az. 4 HK 0 5879/24). Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte darauf geklagt, dass der Fonds nicht mehr die Risikoklasse Zwei oder Drei angeben darf, sondern den Fonds in der Klasse Sechs einstufen muss.
Das Gericht gab der Verbraucherzentrale recht. Das Fondsmanagement legte allerdings Berufung ein, sodass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. In der nächsten Instanz entscheidet nun das Oberlandesgericht Nürnberg.
In dem Verfahren geht es darum, dass die Fondsgesellschaft die Risikoklasse zum jetzigen Zeitpunkt ändern muss. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, dass sie auch vor der Abwertung des Fonds schon falsch war.
Eine Anwaltskanzlei will aber jetzt genau das erstreiten und hat dazu eine eigene Klage beim Landgericht Nürnberg-Fürth eingereicht. Dabei hat die Kanzlei auch einen Antrag auf ein Verfahren nach dem Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG) gestellt. Erlaubt das Gericht den Antrag, können sich andere Betroffene der Klage anschließen.
Allerdings können an diesem Verfahren nur Anlegerinnen und Anleger teilnehmen, die ab 2023 in den Fonds investiert haben. Denn seitdem gelten erst die momentanen Regeln für die Einordnung von Fonds in die Risikoklassen, auf die sich die Kanzlei bei der Klage beruft.
Falls es tatsächlich zu einem Musterverfahren kommt, informieren wir Dich in unserem Finanztip Newsletter und der Finanztip App darüber. Wichtig ist aber zu wissen: In der Vergangenheit waren solche Verfahren immer sehr langwierig.
Offene Immobilienfonds wurden Anlegerinnen und Anlegern oft in Beratungsgesprächen bei Banken verkauft. Wurdest Du in einem solchen Gespräch nicht richtig über die Risiken des UniImmo Wohnen ZBI aufgeklärt, könntest Du gegen die Bank wegen Falschberatung vorgehen.
Ein Beispiel dafür, dass Anlegerinnen und Anleger nicht richtig über die Risiken aufgeklärt wurden, liefert ein Urteil des Landgericht Stuttgart vom Mai 2025 gegen die Volksbank Böblingen (Az. 12 O 287/24). Diese muss einer Anlegerin des Fonds demnach rund 5.000 Euro Schadensersatz zahlen.
Das Gericht hat entschieden, dass die Bank ihre Beratungspflicht verletzt hat. Demnach habe die Bank in der Beratung den Eindruck erweckt, dass der Fonds genauso sicher wäre wie ein Festgeld.
So hatte sich die unerfahrene Anlegerin eine ausgewogene Anlagestrategie gewünscht. Die Bank empfahl ihr dann ein Portfolio aus dem Immobilienfonds, einen Aktienfonds, einem Zertifikat und einem Festgeld. Der Aktienfonds und das Zertifikat wurden der Anlegerin als risikoreiches Investment erklärt.
Nach Ansicht des Gerichts entstand für die Anlegerin so der Eindruck, dass es sich bei dem Immobilienfonds um eine Anlage handeln muss, die genauso sicher ist wie das Festgeld. Denn insgesamt hatte sie sich ja ein ausgewogenes Investment gewünscht.
Das Urteil zeigt sehr gut, dass ein Erfolg einer Klage gegen die Bank sehr von den individuellen Umständen der Beratung abhängt. Du solltest Dich in einem Erstgespräch bei einem Anwalt genau über Deine Chancen informieren.
Möchtest Du Dein Geld für mehrere Jahre sicher anlegen, ist die beste Alternative zu Immobilienfonds ein Festgeld. Dabei legst Du das Geld über einen festen Zeitraum bei einer Bank an und erhältst einen festgeschriebenen Zinssatz.
Das Geld ist dabei durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt (§ 8 EinSig). Du musst Dir hier also keine Gedanken um Rücknahmepreise und Abschläge an der Börse machen. Gute Festgeldangebote findest Du mit unserem Festgeldrechner.
Das Ranking erfolgt für die gewählte Filtereinstellung anhand der aktuellen Zinsen, wobei Angebote, die unsere Finanztip-Kriterien erfüllen, als Empfehlung zuerst gelistet werden. Mehr erfahren.
Der Finanztip-Festgeldrechner basiert auf Festgeld-Daten von über 100 Banken, die der Dienstleister Financeads GmbH & Co. KG, Nürnberg (Datenschutzhinweise) zur Verfügung stellt. Diese haben wir mit unseren Parametern so gefiltert, dass Du ein verbraucherfreundliches Ergebnis nach Finanztip-Kriterien bekommst. Empfohlene Banken müssen der gesetzlichen Einlagensicherung in einem wirtschaftlich starken europäischen Land angehören und seit mindestens zwei Jahren Einlagenprodukte wie Tages- und/oder Festgeldkonten für Kunden in Deutschland anbieten. Die Auswahl der Festgeldangebote erhebt keinen Anspruch auf einen vollständigen Marktüberblick. Wir übernehmen keine Gewähr für die Richtigkeit und Aktualität der hier bereitgestellten Informationen. Für Schäden aus fehlerhaften Daten oder durch die Nutzung des Rechners übernehmen wir keine Haftung.
Möchtest Du das Geld langfristig investieren – also über zehn, fünfzehn oder mehr Jahre, solltest Du bei einem Teil Deiner Geldanlange auch auf Aktien setzen. Denn nur damit erzielst Du langfristig Renditen oberhalb der Inflation.
Wir empfehlen Dir dafür Aktien-Indexfonds, sogenannte Aktien-ETFs. Wie Du darin investierst, erfährst Du in unserem Ratgeber zu ETFs.
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